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Schwere Warmblüter bedarfsgerecht füttern

Energie und Eiweiß im Grundfutter

Schwere Warmblüter sind besondere Pferde, die besondere Ansprüche an ihr Futter stellen. Die üblichen Tipps zur Rationsgestaltung, wie sie z. B. in den Katalogen der Futtermittelhersteller zu finden sind, lassen sich oft nicht ohne weiteres auf diese Pferde übertragen. In der Regel beziehen sich diese Ratschläge auf ein Warmblutpferd, das 550 bis 650 kg Gewicht auf die Waage bringt.

 

Wie die Rassebezeichnung schon vermuten lässt, liegen Schwere Warmblüter in einer höheren Gewichtsklasse zwischen 650 und 750 kg Körpermasse. Doch die schlichte Rechnung, dem Schweren Warmblut einfach mehr vom üblichen Futter zu geben, geht oft am speziellen Bedarf dieser kalibrigen Pferde vorbei.

 

Bei der Fütterung von Schweren Warmblütern ist es zunächst hilfreich, sich an der von Bender vorgestellten Unterscheidung zwischen Ansatztyp und Atmungstyp zu orientieren, die er auf der Grundlage der bekannten Differenzierung von Nord- und Südpferden entwickelt.

 

Während die veredelten Warmblüter zum Atmungstyp tendieren, sind die Schweren Warmblüter eher dem Ansatztyp zuzurechnen: Sie sind von ruhigem Temperament, ihr Eigenbewegungsbedürfnis ist dementsprechend vergleichsweise gering. Sie neigen zu Fettansatz, sind gute Futterverwerter und weisen oftmals einen stark ausgeprägten Fresstrieb auf.

 

Natürlich gibt es immer individuelle Unterschiede, und jedes Pferd hat seine Eigenheiten. Doch prinzipiell ist die Beschreibung des Schweren Warmblüters als Ansatztyp zutreffend, wie auch ein Blick auf den konkreten Energiebedarf dieser Pferde zeigt.

Energie - der Kraftstoff

Energie ist der Kraftstoff, den ein Körper braucht, um alle seine Funktionen zu erfüllen und natürlich auch, um sich zu bewegen. Die wichtigsten Energiequellen sind Kohlenhydrate (Zucker, Stärke) und Fette. Überschüssige Energie wird als Körperfett gespeichert.

 

Ein wesentlicher Unterschied zwischen dem Warmblut und dem Schweren Warmblut liegt im Bedarf an umsetzbarer Energie, welcher in Megajoule (MJ) angegeben wird. Anhand des Kalibers würde man vermuten, dass ein Schweres Warmblut mit seinem täglichen Futter mehr Energie aufnehmen muss als ein leichteres Warmblut – doch diese Vermutung trifft nicht zu.

Energiebedarf in Erhaltung und Arbeit

Ein Warmblut mit 600 kg Gewicht, das keinerlei Leistung erbringen muss und sich also im Erhaltungsstoffwechsel befindet, benötigt jeden Tag 63 MJ umsetzbarer Energie. Ein 700 kg Schweres Warmblut hingegen kommt mit nur 61 MJ aus.

 

Auch bei täglicher Arbeitsleistung liegt der Energiebedarf des Schweren Warmblutes immer unter dem des Warmblutes:

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Ein Reitpferd, welches täglich eine knappe Stunde unter dem Sattel ist, leistet in den meisten Fällen nur geringfügige bis leichte Arbeit und sollte dementsprechend nur moderat mit zusätzlicher Energie für seine Bewegungsleistung versorgt werden:

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Wagenpferde, die täglich auf guten Straßen gefahren werden, leisten leichte bis mittlere Arbeit. Zugpferde in der Land- und Forstwirtschaft können den Energiebedarf bei schwerer oder sehr schwerer Arbeit erreichen.

Enegiebedarf von Zucht- und Aufzuchtpferden

Güste Stuten, die nicht gearbeitet werden, und tragende Stuten bis zum 215. Graviditätstag befinden sich hinsichtlich ihres Energiebedarfs im Erhaltungsstatus.

 

Erst ab dem 7. Trächtigkeitsmonat beginnt der Energiebedarf einer Zuchtstute zu steigen. Bis zum 9. Trächtigkeitsmonat liegt der Energiebedarf einer Schweren Warmblutstute nach wie vor unter dem einer Warmblutstute:

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Für die ausreichende Milchproduktion braucht eine Schwere Warmblutstute allerdings durchgängig mehr Energie als eine Warmblutstute:

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Bei Fohlen und Aufzuchtpferden tritt der Unterschied im Energiestoffwechsel zwischen Warmblütern und Schweren Warmblütern besonders deutlich zutage. Im Wachstum benötigt ein Schweres Warmblut sichtlich weniger Energie als ein Warmblut:

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Deckhengste benötigen außerhalb der Decksaison nicht mehr Energie als ein Reitpferd mit geringer bis leichter Arbeit. Ein Energieüberschuss hat einen übermäßigen Fettansatz zur Folge, welcher sich wiederum negativ auf die Zuchtleistung auswirkt.

 

Während der Decksaison steigt der Energiebedarf des Hengstes zwar, aber längst nicht in dem Maße, wie häufig angenommen wird.

 

Meyer/ Coenen führen dazu folgendes aus:

 

Selbst bei starker Beanspruchung (15 Sprünge/Woche) und bei zusätzlicher 1-stündiger Bewegung liegt er höchstens um 50%, im Mittel um 25% über dem Erhaltungsbedarf. Auch in dieser Phase ist sowohl für die momentane Fertilitätsleistung als auch für die gesamte Nutzungsdauer eine zur Verfettung führende Fütterung unzweckmäßig. (Meyer/ Coenen, S. 188)

Eiweiß - der Baustoff

Eiweiße (Proteine) sind die Baustoffe des Körpers, aus denen Muskeln, Organe und Gewebe, Blut, Verdauungssekrete und Milch gebildet werden. Die Hauptaufgabe der Eiweiße, welche aus Aminosäuren bestehen, liegt im Aufbau und in der ständigen Regeneration des Körpers.

 

Bei einem Überschuss von Eiweißen werden diese auch als Energielieferanten herangezogen, aber dies belastet den Organismus des Pferdes über Gebühr, denn die Abbauprodukte der Eiweiße (Ammoniak) müssen über Leber und Nieren entgiftet und ausgeschieden werden.

 

Für die bedarfsgerechte Eiweißversorgung eines Pferdes ist die Menge an dünndarmverdaulichem Rohprotein (dvRp) ausschlaggebend, welche das Pferd mit seiner täglichen Futterration zu sich nimmt.

Eiweißbedarf in Erhaltung und Arbeit

Pferde im Erhaltungsbedarf sowie arbeitende Pferde – ob unter dem Sattel oder vor dem Wagen – werden idealerweise pro Tag mit 6 g dünndarmverdaulichem Rohprotein pro 1 Megajoule umsetzbarer Energie versorgt, so dass ein dvRp:MJ -Verhältnis von 6:1 besteht. Realistisch ist aber eher ein dvRp:MJ -Verhältnis von 6,6:1, denn die meisten Futtermittel enthalten mehr als 6 g dvRp pro MJ.

 

Pferde in Erhaltung und Arbeit nehmen also eigentlich immer einen Eiweißüberschuss auf. Eine verantwortungsvolle Fütterung sollte jedoch Wert darauf legen, diesen Überschuss in möglichst engen Grenzen zu halten. Die dreifache Menge des täglichen Bedarfs gilt als noch tolerierbar und sollte nicht überschritten werden:

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Eiweißbedarf von Zucht- und Aufzuchtpferden

Bei tragenden und Milch gebenden Stuten steigt der Eiweißbedarf weitaus deutlicher an als der Energiebedarf. Der Anstieg des Bedarfs beginnt indes erst mit dem 7. Trächtigkeitsmonat. Zum Ende der Trächtigkeit sollte das dvRp:MJ-Verhältnis des Futters einer Mutterstute bei 8,5:1, in der ersten Phase der Laktation sogar bei 9:1 liegen:

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Da Proteine die Baustoffe des Körpers sind, haben Fohlen und Aufzuchtpferde naturgemäß einen besonders hohen Eiweißbedarf:

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Viele Deckhengste werden nicht nur mit zu viel Energie, sondern auch mit zu viel Eiweiß versorgt. Ihr Eiweißbedarf ist dem einer tragenden Stute vergleichbar, d. h. er verdoppelt sich während der Decksaison.

 

„In der Praxis“, so Meyer/ Coenen, erreicht die Eiweißzufuhr allerdings „häufig das 3- bis 4-Fache des Erhaltungsbedarfs. Davon ist jedoch weder eine Verbesserung der Libido noch der Spermaqualität zu erwarten, wenn nicht gleichzeitig die Aminosäurenzufuhr beachtet wird.“ (Meyer/ Coenen, S. 188)

 

Frieder J. Schwarz stellt Ähnliches fest:

 

Zu proteinreiche Fütterung mit Mengen von täglich > 1.200 g verdaulichem Rohprotein sind […] deutlich überhöht. (Kirchgeßner, S. 564)

Energie- und Eiweißgehalte im Grundfutter

Um ein Pferd bedarfsgerecht mit Energie und Eiweiß versorgen zu können, muss man die in den Futtermitteln enthaltenen Mengen an umsetzbarer Energie und an verdaulichem Rohprotein kennen. Insbesondere bei den Grundfuttermitteln lassen sich genaue Zahlen immer nur anhand von Analysen des tatsächlich vorhandenen Futters gewinnen.

 

Dennoch liefern die in der Literatur angegebenen Gehaltszahlen eine gute Orientierung für die tägliche Rationsgestaltung:

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Um die Einsatzmöglichkeiten der Grundfuttermittel in der Pferdefütterung besser vergleichen und beurteilen zu können, ist es sinnvoll, ihr dvRp:MJ-Verhältnis zu betrachten:

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Trockensubstanz - die Sättigung

Neben dem Energie- und Eiweißgehalt muss man für eine bedarfsgerechte Fütterung auch die Trockensubstanz der Futtermittel berücksichtigen.

 

Unter Trockensubstanz (TS) versteht man die Substanz, die von einem Futtermittel übrig bleibt, wenn man ihm die gesamte Feuchtigkeit – also v. a. das enthaltene Wasser – entzieht. Der Trockensubstanzgehalt des Futters ist ausschlaggebend für die Futtermenge, die ein Pferd frisst. Anders formuliert, sorgt die Trockensubstanz also für die Sättigung des Pferdes.

 

Als Faustregel für den Trockensubstanzbedarf gilt, dass ein Pferd täglich rund 2% seines Körpergewichtes an Trockensubstanz aufnimmt, um auf gesunde Weise satt zu sein. Je nach Leistung – intensive Arbeit, Trächtigkeit, Laktation, Wachstum – können auch 3% des Körpergewichtes erreicht werden und angemessen sein. Ein Schweres Warmblut mit 700 kg Gewicht benötigt täglich also rund 14 kg Trockensubstanz. Im Leistungsbedarf kann die aufgenommene Trockensubstanzmenge auf 21 kg ansteigen.

 

Hinsichtlich des Trockensubstanzgehaltes unterscheiden sich die Grundfuttermittel ganz erheblich:

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Grundfuttermittel: Heu und Weidegras

Nimmt man alle beschriebenen Faktoren zusammen und berücksichtigt weitere Komponenten der Rationsberechnung (Verdaulichkeit, Rohfasergehalt, Fressverhalten etc.), kommt man zu dem Ergebnis, dass Heu die beste Grundlage der bedarfsgerechten Fütterung eines Schweren Warmblutes ist. Dabei ist zu bedenken, dass früh geschnittenes Heu mehr Energie und Eiweiß enthält als Heu, welches Mitte bis Ende der Blüte geschnitten wird. Überständiges Heu enthält weniger Energie sowie Eiweiß und ist schlechter verdaulich.

 

Neben der guten Qualität des Grundfutters ist bei allen Pferden ein ganz besonderes Augenmerk auf die ausreichende Gabe von Mineralstoffen und Vitaminen zu legen. Dieser Bedarf sollte bei Pferden in Erhaltung oder mit wenig Arbeit über vitaminierte Mineralfutter abgedeckt werden. Bei Pferden mit größerer Arbeitsleistung sowie bei Zucht- und Aufzuchtpferden empfehlen sich außerdem entsprechend angereicherte Mischfutter.

Fütterung in Erhaltung und Arbeit

Bei ausschließlicher Heufütterung benötigt ein Schweres Warmblut rund 16 kg Heu pro Tag (14 kg Trockensubstanz), um satt zu sein. Mit dieser Tagesration ist es oft selbst dann noch bestens mit Energie und Eiweiß versorgt, wenn es Arbeit leistet. Der Eiweißüberschuss befindet sich selbst bei Pferden im Erhaltungsbedarf unterhalb der Obergrenze, die beim Dreifachen des täglichen Bedarfs liegt:

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Bei Schweren Warmblütern im Erhaltungsbedarf oder mit wenig Arbeit kann es angebracht sein, einen Teil der täglichen Heuration durch Stroh zu ersetzen, um einem übermäßigen Fettansatz entgegenzuwirken. Die Obergrenze für den Strohanteil einer Tagesration liegt bei 1 kg pro 100 kg Körpermasse des Pferdes, wobei das aus der Einstreu aufgenommene Stroh mit eingerechnet werden muss. Wenn mehr Stroh gefressen wird, steigt das Kolikrisiko erheblich.

 

Erst für Pferde mit deutlicher Arbeitsbelastung ist eine Ergänzung der Ration durch Getreide oder ein Mischfutter sinnvoll.

 

Bei ganztägiger Weidehaltung (24 Stunden) besteht für Pferde im Erhaltungsbedarf und für Pferde mit geringer bis leichter Arbeit fast immer ein Überangebot oder doch zumindest ein ausreichendes Angebot an Energie. Erst bei Pferden mit mittlerer Arbeitsleistung kann es in einem heißen Hochsommer zu einer mangelnden Energiezufuhr kommen.

 

Der Eiweißbedarf eines Pferdes im Erhaltungsbedarf oder eines Pferdes in Arbeit wird auf der Weide immer abgedeckt.

 

Im Frühjahr und im Herbst ist die Überversorgung besonders drastisch, so dass eine Begrenzung des Weideganges und eine Zufütterung von Heu oder Stroh sehr angebracht sein kann.

Fütterung von Zucht- und Aufzuchtpferden

Hochtragende und laktierende Stuten sowie Aufzuchtpferde sind während der Stallsaison neben der entsprechend angepassten Menge an Grundfutter auf eine Zufütterung angewiesen, die auf ihren speziellen Bedarf zugeschnitten ist. Fohlen sollten ab der Mitte des 2. Lebensmonats zugefüttert werden.

 

Grundsätzlich haben sich spezielle, qualitativ hochwertige Mischfutter in der Fütterung von Zucht- und Aufzuchtpferden besser bewährt als reine Getreidegaben.

 

Mutterstuten und ihr Nachwuchs sind ab dem Frühjahr natürlich am besten auf der Weide aufgehoben, denn Bewegung ist das non plus ultra einer gesunden Entwicklung. Doch auch das Weidegras kann den Bedarf von laktierenden Stuten an Eiweiß und insbesondere an Energie nicht immer abdecken. Absatzfohlen fehlt selbst bei Weidegang oft das hochwertige Eiweiß, das sie zuvor mit der Muttermilch erhalten haben. Auch hier muss ein Mangel mit speziellen Ergänzungsfuttern ausgeglichen werden.

 

In den Phasen mit einem extrem hohen Eiweißbedarf leisten auch Extraktionsschrote hervorragende Dienste: Ein Kilogramm Sojaextraktionsschrot mit 450 g Rohprotein enthält beispielsweise 365 g dünndarmverdauliches Rohprotein und 8,7 MJ umsetzbare Energie.

 

Die Fütterung von Deckhengsten sollte sich grundsätzlich an der Fütterung von Pferden bei leichter Arbeit orientieren. Meyer/ Coenen schreiben dazu ausdrücklich:

 

Grundlage in jeder Hengstration sollte vielseitig zusammengesetztes, aromatisches, schmackhaftes Heu sein. (Meyer/ Coenen, S. 189).

 

Als Zusatzfutter während der Decksaison wird Zuchtstuten- oder Fohlenaufzuchtfutter in einer Menge von 0,5 kg pro 100 kg Körpergewicht empfohlen.

Grundfuttermittel: Mais- und Grassilage

Aus ökonomischen Gründen spielt Maissilage in der Pferdefütterung zunehmend eine Rolle. Wenn man Mais – ob als Getreide oder als Silage – füttert, sollte man sich allerdings immer vor Augen halten, dass diese Futterpflanze aufgrund ihres hohen Stärkegehaltes für Pferde nur sehr bedingt verdaulich ist. Als Getreide darf Mais nur in aufgeschlossener Form, also z. B. als Maisflocken, gegeben werden.

 

Auch Maissilage ist nicht unproblematisch: Sie darf maximal in Mengen von 3 kg pro 100 kg Körpermasse des Pferdes verfüttert und sollte immer mit Heu kombiniert werden, um ernsthafte Störungen im empfindlichen Verdauungstrakt des Pferdes zu vermeiden.

 

Maissilage steht in dem Ruf, ein energiereiches, aber eiweißarmes Grundfuttermittel zu sein. Wenn man auf der Grundlage der bei Meyer/ Coenen angegebenen Bedarfs- und Gehaltsmengen Rationen mit Anteilen von Maissilage berechnet, relativiert sich dieser Ruf allerdings erheblich.

 

Um ein Kilogramm Heu hinsichtlich des Energiegehaltes durch Maissilage zu ersetzen, benötigt man ca. 1,8 kg Maissilage. Will man ein gutes Drittel der ursprünglichen Heuration von 16 kg beibehalten und die anderen zwei Drittel durch Maissilage ersetzen, kommt man also auf eine tägliche Rationszusammensetzung von 6 kg Heu und 18 kg Maissilage:

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Der Energiegehalt dieser Ration entspricht zwar annähernd dem Gehalt der reinen Heuration, aber der Eiweißgehalt – und damit der Eiweißüberschuss – ist dramatisch angestiegen. Pferde im Erhaltungsbedarf bekommen mit einer solchen Ration das 4,3-Fache, Pferde mit geringer Arbeit das 3,5-Fache ihres Bedarfes. Erst bei Pferden in leichter Arbeit entspricht der Eiweißgehalt der Ration der Obergrenze des Dreifachen vom Tagesbedarf. Auch ist das Pferd mit dieser Ration nicht annähernd satt, denn es fehlen ihm rund 3 kg Trockensubstanz. Eine solche Unterversorgung führt schnell zu unerwünschtem Verhalten und gravierenden Verdauungsstörungen.

 

Selbst wenn man nur ein Drittel der ursprünglichen Heuration durch Maissilage ersetzt und also 10 kg Heu und 10,8 kg Maissilage pro Tag verfüttert, wird man den Ansprüchen des Pferdes an eine möglichst bedarfsgerechte Versorgung nicht umfassend gerecht:

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Der Bedarf an Energie ist wiederum weitestgehend abgedeckt, aber der Eiweißüberschuss liegt bei Pferden im Erhaltungsbedarf immer noch außerhalb des Grenzbereichs. Auch fehlen dem Pferd noch fast 2 kg an Trockensubstanz, um satt zu sein.

 

Für Grassilage kann, je nach Schnittzeitpunkt und Trocknungsgrad, Ähnliches wie für Maissilage gelten. Überdies weist Grassilage gegenüber Heu ein erhöhtes Risiko der Verunreinigung mit Bakterien wie dem gefürchteten clostridium botulinum auf.

 

Grundsätzlich darf Grassilage für Pferde nicht zu klein gehäckselt werden; die absolute Mindestlänge der gehäckselten Halme beträgt 5 cm. Die Verdichtung muss schnell, sehr hoch und gleichmäßig erfolgen und der Luftabschluss muss absolut gesichert sein, um Fehlgärungen zu vermeiden.

 

Je größer der Trockensubstanzgehalt der Grassilage ist, desto besser ist sie für die Pferdefütterung geeignet. Grassilagen mit einem geringem Trockensubstanzgehalt unter 65% haben oft eine unzureichende Eiweißqualität, was insbesondere bei der Fütterung von Zuchtstuten und Aufzuchtpferden zu bedenken ist. Liegt der Trockensubstanzgehalt über 50%, bezeichnet man die Grassilage auch als Heulage.

Will man einen Teil der täglichen Heuration durch Heulage ersetzen, ist die folgende Umrechnungstabelle hilfreich, die aufzeigt, durch welche Menge an Heulage 1 kg Heu ersetzt werden kann:

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Wo immer es möglich ist, sollte man im Interesse der Gesundheit seiner Pferde aber Heu statt Silagen als Grundfuttermittel einsetzen:

 

Für die heutige Fütterungspraxis bleibt die Erkenntnis, dass wir einerseits die durchaus belastbare Elastizität des Verdauungskanals des Pferdes gegenüber verschiedenen Futtermitteln nutzen können, andererseits aber die in Jahrmillionen entstandene anatomische und ernährungsphysiologische Grundkonzeption beachten müssen. Den beim Pferd sind in rd. 6 000 Jahren seit seiner Domestikation Bau und Funktion des Verdauungskanals ebenso wie der Rhythmus der Nahrungsaufnahme unverändert erhalten geblieben. (Meyer/ Coenen, S. 21)

© Kirsten Erwentraut


Quellen & Lektüretipps

 

Bender, Ingolf: Praxishandbuch Pferdefütterung. 3., aktualis. Aufl. Franckh-Kosmos 2008, bes. S. 34-40

 

Klein, Werner A.: Pferde-Fütterung. Vortragsskript, Kölner Pferde-Akademie 2009

 

Pferdefütterung. Hrsg. v. Helmut Meyer, Manfred Coenen. Unter Mitarbeit von Ingrid Vervuert. 5., vollst. überarb. Aufl. Enke 2014, bes. S. 34f., S. 61-79, S. 109-128, S. 164-174, S. 182-198, S. 276f., S. 284f., S. 292f., S. 300f., S. 306-309

 

Roth, Franz X./ Schwarz, Frieder J./ Stangl, Gabriele I.: Kirchgeßner Tierernährung. Leitfaden für Studium, Beratung und Praxis. 13., neu überarb. Aufl. DLG 2011, bes. S. 531-538, S. 544-548, S. 553-564